Auf den Spuren meiner Geige

Philosophisches Café mit Philipp Blom
»Es ist ein Phänomen, das kein Physiker erklären kann: Instrumente können ihre Stimme verlieren. Wenn sie jahrelang nicht gespielt wurden, klingt ihr Ton wie eingerostet und muss erst wieder befreit werden.«

Der Historiker und Schriftsteller Philipp Blom hat sich in viel beachteten Studien an die Gegenwart herangearbeitet. Zuletzt mit Schrecken und schwindender Hoffnung, aber der Erkenntnis, dass »Menschen Primaten sind, die sich Geschichten über sich selbst erzählen.«

In seinem jüngsten Buch »Eine italienische Reise« (Hanser) wird aus einer kleinen Geschichte beim Erzählen ein ganz große. Es geht um seine Geige. Über 300 Jahre ist er ihr auf der Spur. Er sucht nach dem, der sie gebaut hat, und findet Geschichten von Migration, Waren, Kämpfen ums Überleben und Menschen, die aus all dem ihr Leben gemacht haben.

»Die Hände des Spielers und des Erbauers trafen sich auf diesem kleinen Instrument, über die Jahrhunderte, über historische Revolutionen hinweg. Unsere Finger hatten denselben Lack berührt, dieselben sanft geschwungenen Formen, die er damals geschaffen hatte. Die Resonanzen, die ich heute hörte, hatte auch dieser Unbekannte einst gehört, er hatte das Holz so lange bearbeitet, bis er diesen Klang erreicht hatte, mit warmen, lebenden Händen. Das ist es, warum ich Historiker geworden war: Die Finger vergangener Leben griffen nach mir.«

Gastgeber: Reinhard Kahl

Bild © Peter-Andreas Hassiepen

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