Lob der Genauigkeit

Philosophisches Café mit Carolin Emcke
Barbara Bleisch eröffnete das Gespräch mit Fragen zu Carolin Emckes Schreibprozess. Emcke sagte dazu, dass für sie das Schreiben verbunden sei mit Zweifel und Hadern. Sie ist der Meinung, dass in Texten mehr Einwände der Autoren und Autorinnen gegen sich selbst gebraucht werden. An dieser Stelle zitierte Bleisch Markus Werner: »Allein das Zögern ist human.« Emcke kritisierte die politische Intuition von aktuellen Autoren, Politikern, etc.: Es sei eine ungehörige Selbstgewissheit und Schärfe in Argumentationen, in der Formulierung von Forderungen und Positionierungen, die hinterfragt und kritisch betrachtet werden müssen. Emcke selbst möchte, dass etwas unsicher klingt, dass Texte verschiedene Klangfarben bekommen.

Im weiteren Verlauf sprach Bleisch Emcke auf den Begriff »mitschnacken« an, den sie in ihrem aktuellen Buch »Ja heißt ja und …« anspricht. Emcke sagt, dass »mitschnacken« die eigentliche Handlung tabuisiert. Und dass durch den Gebrauch dieses Wortes der Täter geschützt würde, da man die eigentlich gemeinte Handlung nicht ausspricht. »Mitschnacken hat schon immer Schweigen mittransportiert«, so Emcke.

Es wird eine Szene aus dem Buch angesprochen, in welcher Emcke eine Szene häuslicher Gewalt beschreibt, die sie dort miterlebte. In dem Zusammenhang zitiert Bleisch aus dem Buch »Es gibt nichts, was nicht sagbar ist. Wir können über Dinge sprechen.« Emcke bekräftigt in der Diskussion bezüglich des Umgangs mit Gesprächen über sexualisierte und häusliche Gewalt dies noch einmal: »Es ist nicht unaussprechlich, es ist beschreibbar.« Sie macht deutlich, wie wichtig die Wörter »Ja« und »Nein« in gelebter Sexualität sind. Es ginge dabei um die Frage, ob man zustimme. »Missbrauch und sexualisierte Gewalt sind keine Erotik und Sexualität.« Und wenn jemand einer Handlung nicht zustimmt und der/die Partner*in das Nein ignoriert, dann ist das Missbrauch. Keine Sexualität.

In der Diskussionsrunde nach der Pause drehte sich das Gespräch u.a. um Greta Thunberg und den Umgang mit der politischen Strategie von ihr selbst sowie von Politikern, den Medien und der Gesellschaft. Es wurde etwa gefragt, wie man sich auch im höheren Alter für die Kinder und Jugendlichen der »Fridays-for-Future-Bewegung« einsetzen könnte. An der Diskussion beteiligt haben sich Menschen aller Altersklassen, was eine diverse und interessante Diskussion ergeben hat.

Moderation: Barbara Bleisch

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