Philosophisches Café mit Andreas Reckwitz
Pandemien, Artensterben, Klimawandel, Demokratiekrisen, Kriegsausbrüche: dass die aktuell multiplen Krisen unser Gefühl von Stabilität unterminieren, ist klar. Tatsächlich lässt sich vieles, von dem, was wir heute erleben, auch als Verlusterfahrung beschreiben – sei es der Mangel an Sicherheit, Hoffnung, Zukunftsoptimismus, Fortschrittsglauben.
Andreas Reckwitz, Professor für Kultursoziologie an der Humboldt Universität zu Berlin und spätestens seit »Die Gesellschaft der Singularitäten« als einer der theoretischen Großanalytiker unserer Zeit bekannt, beugt sich in seinem neuen Buch über das Motiv des Verlusts und stellt fest: Wir leben heute in einer Zeit akut eskalierender Verluste. Und westliche Gesellschaften, die seit der Moderne typischerweise davon ausgehen, dass Fortschritt der Normalfall ist und die Dinge der Tendenz nach immer besser werden, tun sich schwer mit der Verarbeitung von Erfahrungen der Verschlechterung.
Im Gespräch stellt er sein neues Buch »Verlust – Ein Grundproblem der Moderne« (Suhrkamp) vor und erklärt, mit welchen Taktiken Gesellschaften traditionellerweise auf diese Herausforderungen reagieren – und welche politischen und gesellschaftlichen Reaktionen wir aktuell auf tatsächliche und drohende Verluste beobachten können.
Moderation: Catherine Newmark
Foto: Jürgen Bauer