Philosophisches Café
Das erste Philosophische Café im Januar 1999 hatte das Thema »Ich bin mehrere«. Gast war Odo Marquard. Zehn Jahre später erschien Richard David Prechts Buch »Wer bin ich – und wenn ja wie viele?«. Precht war seitdem mehrfach der Gast. An diesem Abend wird der Spieß umgedreht. Richard David Precht befragt Reinhard Kahl an seinem letzten Philosophischen Café, und zusammen wollen sie dem nachgehen, was ein Gespräch ausmacht. Wie kommt Vielstimmigkeit auf? Brauchen wir sie nicht dringend angesichts von Reinheits- und Eindeutigkeitspostulaten, von Gereiztheiten und Verfeindungen?
Die im Philosophischen Café häufig zitierte Hannah Arendt legt eine Spur: »Jeder Mensch steht an einer Stelle in der Welt, an der noch nie ein anderer vor ihm stand.« Es gälte, auf seine ursprüngliche Fremdheit zu verzichten, um sich mit der Welt und mit sich selbst zu befreunden. Und was heißt es dann, man selbst zu sein – trotz oder gerade wegen der Vielstimmigkeit? Immer wieder man selbst zu werden!
Precht sagte in seiner Laudatio auf Reinhard Kahl zur Verleihung des Vision Award: »Er hat alles mögliche studiert und hätte alles mögliche werden können. Professor für Soziologie, Pädagogik oder etwas anderes. Aber offensichtlich hatte ein Satz von Georg Christoph Lichtenberg starken Einfluss: ›Wer angefangen hat, etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden‹. Also wurde Reinhard Kahl keine Instanz des Establishments. Er wurde Reinhard Kahl.«