Unseld Lecture 2013

Im Jahr 2013 war der Philosoph und Sozialwissenschaftler Charles Taylor (Prof. em. McGill University, Montreal, Kanada) Gast der Unseld Lectures. Taylor ist einer der einflussreichsten Sozialphilosophen der Gegenwart. Schon früh kritisierte er den Versuch, den Menschen auf sein beobachtbares Verhalten zu reduzieren. Er setzt dem nun aber nicht das individuelle und selbstbestimmte Subjekt der Neuzeit entgegen, sondern argumentiert für ein moralisch und sozial engagiertes Subjekt, dessen Werte ebenso wie seine Vernunft abhängig sind von der konkreten historischen Situation, in der der Einzelne lebt. In diesem Zusammenhang beruft er sich immer wieder auf Hegel.

Einer größeren Öffentlichkeit wurde Taylor durch seine Arbeiten zur Multikulturalität und sein politisches Engagement für Minderheiten in der französischsprachigen Provinz Québec in Kanada bekannt. Zuletzt haben seine Veröffentlichungen zum Säkularismus große Aufmerksamkeit gefunden.

Jahresthema: Religion und Säkularismus in modernen Demokratien

Welche Rolle spielen Religionen heute noch im politischen Leben liberal-demokratisch verfasster Gesellschaften? Einerseits deutet vieles darauf hin, dass die Bedeutung der Religionen im öffentlichen Raum rückläufig ist. Aber kann die demokratische Ordnung ohne ein Wertefundament auskommen? Der diesjährige Unseld Lecturer Charles Taylor spricht sich dagegen aus und lädt deshalb dazu ein, die Entwicklung des Säkularismus neu und weniger religionskritisch zu lesen.

Weder lässt sich die Säkularisierung allein als eine Geschichte des Verlustes von Glaube, Metaphysik und Spiritualität verstehen noch darf Religion als ein grundsätzliches Hemmnis auf dem Weg zu einer auf Vernunft gegründeten säkularen Ordnung angesehen werden. Im Gegenteil, demokratisch verfasste Gesellschaften bleiben auf Wertefundamente angewiesen. Taylor gelangt zu dem Schluss: "Wenn die Demokratie den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen sein soll, darf sie die säkulare Ordnung nicht länger als Bollwerk gegen die Religion verstehen."


4. Juni 2013, 20 Uhr c.t., Universität Tübingen, Audimax

Lecture: "Religion and Secularism in Modern Democracies"


6. Juni 2013, 20 Uhr c.t., Universität Tübingen, Audimax

Interdisziplinäres Kolloquium

"Säkularisierung und Säkularität in muslimischen Gesellschaften"

Prof. Dr. Gudrun Krämer im Gespräch mit Prof. Dr. Charles Taylor

Prof. Dr. Gudrun Krämer
, geb. 1953, ist Professorin und Institutsleiterin am Institut für Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin; ferner ist sie Direktorin der Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies an der FU Berlin. Zahlreiche Gastprofessuren führten sie u.a. nach Beirut, Bologna, Erfurt, Jakarta, Kairo und Paris.Gudrun

Krämers Forschungsschwerpunkte sind: Religion, Recht, Politik und Gesellschaft im modernen Islam. Sie ist u.a. Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, des Beirats der Aga Khan University, Institute for the Study of Muslim Civilisations, London, sowie des Beirats der Bundeszentrale für politische Bildung. Im Jahr 2010 wurde Gudrun Krämer mit dem Gerda-Henkel-Preis ausgezeichnet.


3.-7. Juni 2013

Interdisziplinärer Meisterkurs am Forum Scientiarum

Mit Prof. Dr. Charles Taylor