Arbeitsbibliothek Carl Friedrich von Weizsäckers

im Stiftungshaus in Neversdorf

Teil 2: Die Präsentation

Teil 3: Funde in und zwischen den Büchern

Zwei Teile der Bibliothek wurden gesondert behandelt und in Vitrinenschränken aufgestellt. Einmal die Bücher aus der Feder Carl Friedrich von Weizsäckers und die zahllosen Werke, zu denen er beigetragen hat. Zum anderen die Bücher, die man als seinen Handapparat im engeren Sinne bezeichnen kann, in unmittelbarer Nähe des Schreibtischstuhls, stets greifbar. Diese Denkwerkzeuge wurden in der Anordnung erhalten und aufgestellt, in der sie sich in der letzten Arbeitsphase befanden. Betrachtet man dieses Regal, so erkennt man eine sprechende Diagonale: links oben die Autobiographie Mahatma Gandhis, rechts unten die Physik Arnold Sommerfelds die Weizsäcker gern sein "Kochbuch" nannte.

Schon ein kurzer Blick auf diese kleine Auswahl von ca. 300 Bänden, von denen viele Carl Friedrich von Weizsäcker von den Autoren freundschaftlich gewidmet sind, zeigt, dass er sehr früh Brücken über Gegensätze zu schlagen bestrebt war und die geistige Welt seiner Zeit in denkbar großer Weite überspannte. So finden sich etwa aus den frühen 30er Jahren sowohl Bücher der Pioniere der Quantenphysik, Schriften zur erkenntnistheoretischen Reflexion von Mathematik und Naturwissenschaft, Texte der Vertreter des logischen Positivismus, aber eben auch Erstausgaben der Werke Martin Heideggers und anderer Begründer der modernen Hermeneutik. Wer sonst hätte damals an so heterogenen, ja einander fast feindlich gegenüberstehenden geistigen Welten Anteil gehabt?

Zusammen mit der Vitrine, die die Autographen aus den Beständen des Archivs der Max-Planck-Gesellschaft enthält, darunter Entwürfe und Korrespondenz zur "Göttinger Erklärung" von 1957, entstand so eine kleine Dauerausstellung zu Ehren Carl Friedrich von Weizsäckers. Sie wurde am 22. August 2008 in Gegenwart von Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker und Prof. Dr. Heinrich von Weizsäcker als Vertretern der Familie sowie des Leiters des Archivs der Max-Planck-Gesellschaft, Dr. Lorenz Beck, feierlich eröffnet.

Die Erfahrung von Bibliotheksführungen für Gäste des Stiftungshauses zeigt, dass allein das Spektrum der Themen und die auratische Ausstrahlung der z.T. von den Autoren gewidmeten Erstausgaben auch z.B. jüngeren Studenten, für die die Debatten des 20. Jahrhunderts schon entfernte Geschichte geworden sind, die Weite und Offenheit des Denkens von Carl Friedrich von Weizsäcker anschaulich werden lassen.

Im Oktober 2010, drei Jahre nach der Übernahme der Bibliothek, konnte die Katalogisierung der Bücher des Arbeitszimmers abgeschlossen werden. Die Erfassung der übrigen Bestände, zahlreiche Sonderdrucke und Kleinschriften eingeschlossen, war 2016 vollendet. Der → Katalog ist online einsehbar.


Beispiele für Funde in und zwischen den Büchern


Durchschossenes Handexemplar von "Die Atomkerne : Grundlagen und Anwendungen ihrer Theorie - 1937" mit zahlreichen Korrekturen und Marginalien.


Zeitgeschichte: Notiz Carl Friedrich von Weizsäckers auf Seite 4 von "Richard Dedekind: Was sind und was sollen die Zahlen - 7. Aufl. - 1939"

"Von Heinrich Scholz für die Mitwirkung bei den Aufräumungsarbeiten im logistischen Seminar in Münster nach dem Luftangriff am 10.10.43 erhalten"


Dichterwettstreit auf dem Titelblatt von "Gottlob Frege : Funktion, Begriff, Bedeutung - Ausgabe von 1962"

Günter Patzig:

Wer den Versuch mit Frege wagt
nicht länger nach dem Wege fragt.


Carl Friedrich von Weizsäckers Antwort:

Wer ernstlich diese Frage wagt,
sich doch noch, was er wage, fragt


Skizze der logischen Abhängigkeit der Sätze von Gottlob Freges "Begriffsschrift"


Ein "Samisdat-Buch" aus den Kriegstagen. Sonette Reinhold Schneiders mit der Schreibmaschine auf Durchschlagpapier vervielfältigt und mit Klammern geheftet.